Wunschzettel
Hilfe & Kontakt
Einstellungen

Tierschutz-Hunde

Was ist zu beachten?

Tipps von der Hundetrainerin für ein gelungenes Zusammenleben

Du spielst mit dem Gedanken, einen Hund aus dem Tierschutz bei dir aufzunehmen? Das ist eine tolle Entscheidung, denn es gibt viele Gründe, die dafür sprechen, einem Tierschutz-Hund ein neues Zuhause zu bieten. Wer diesen Schritt wagen möchte, sollte jedoch auch bedenken, dass die tapferen Vierbeiner oft schon einiges erlebt haben. Das Ankommen im neuen Leben ist daher oft eine Herausforderung – sowohl für den Vierbeiner als auch für die frischgebackenen Hundeeltern.

Hundetrainerin Julia Fuchs berät werdende Hundeeltern bei der Wahl des passenden Begleiters und kennt die Schwierigkeiten, mit denen sich Hundehalter/-innen von Tierschutz-Hunden im Laufe des Zusammenlebens konfrontiert sehen. 

Wir haben mit ihr gesprochen und erfahren, auf was man sich einstellen sollte, wie man mit vermeintlichen Hürden umgeht und wie dennoch eine Freundschaft fürs Leben entstehen kann. 
 

Warum ein Hund aus dem Tierschutz?

Julia unterstützt Menschen, die einen Hund adoptieren möchten, bei der Suche nach dem neuen Familienmitglied. Sie kennt die Beweggründe von Hundefreund/-innen, die sich für einen Hund aus dem Tierheim, einer Pflegestelle oder einem Tierschutzverein entscheiden – das sind die 6 wichtigsten Gründe:  

1. Rettung eines Hundelebens

“Wer einen Tierschutz-Hund bei sich aufnimmt, rettet sozusagen ein Leben, was eventuell aus schlechten Verhältnissen kommt – man gibt dem Tier so eine zweite Chance.” 

2. Maßnahme gegen Überpopulation

“Vor allem bei Hunden kann man auf diese Weise etwas gegen die Überpopulation von Haustieren tun.”

3. Neuer Platz im Tierheim wird frei

“Viele Tierheime sind überfüllt. Nimmt man da einen Hund aus dem Tierheim, schafft man Platz für einen neuen Hund in Not.” 

4. Umfassender Gesundheits-Check-up bei Hunden

“Ein Tierschutzhund kann gesundheitliche Vorteile mitbringen, denn viele Vereine, Vermittler und Pflegestellen haben strenge Voraussetzungen, wie sie ihre Tiere abgeben dürfen, z. B. nur mit bestimmten Impfungen und Untersuchungen, um Krankheiten auszuschließen oder rechtzeitig behandeln zu können. Gute Tierheime führen etwa tierärztliche Check-ups durch und informieren die Besitzer über alles, was der Hund haben könnte. Das spart den künftigen Besitzer/-innen Zeit und Kosten.”

5. Bewusste Entscheidung gegen Rassehunde

“Kauft man keinen Rassehund beim Züchter, reduziert man die Nachfrage nach Rassehunden – was wiederum Überzüchtungen verringern könnte.”

6. Geringere Kosten als bei Rassehunden

“Im Vergleich zu Rassehunden sind die Tierheimkosten oft geringer, denn die Tiere werden gegen eine Schutzgebühr abgegeben, die weit unter dem Preis von Rassehunden liegt.”

Einen Hund aus dem Tierschutz aufnehmen – wie funktioniert das?

Julia berichtet davon, wie der Ablauf in dem Tierheim aussieht, bei dem sie sich regelmäßig engagiert:

  • Die Hunde werden im Internet ausgeschrieben
  • Die Interessenten melden sich, daraufhin wird ein Termin vereinbart, bei dem man den Hund kennenlernen und mit ihm spazieren gehen kann. 
  • Falls danach Interesse besteht, findet ein Gespräch über den Hund statt.
  • Dann werden die künftigen Halter/-innen überprüft, z. B. hinsichtlich passender Wohnverhältnisse.
  • Passt alles, kommt man 3–4 Mal zum Gassi gehen und der Vierbeiner macht einen Probetag als neues Familienmitglied. 
  • Steht der Adoption nichts mehr im Weg, wird gegen Übernahme der Schutzgebühr ein Schutzvertrag aufgesetzt – nun darf der Hund endlich heim!

Was ist bei Tierschutz-Hunden zu beachten?

Julia hat schon oft Familien begleitet, die Straßenhunde aus dem Ausland oder dem Hund einer Tierschutzorganisation ein neues Zuhause geschenkt haben. Oft sind ihr ähnliche Verhaltensweisen und Situationen mit dem neuen Mitbewohner begegnet – die wichtigsten Beobachtungen und Tipps für künftige Hundebesitzer/-innen hat sie mit uns geteilt:

Das Verhalten von Tierschutz-Hunden

Hunden aus dem Tierheim wird oft unterstellt, dass sie schwierig seien – das ließe sich zwar nicht pauschalisieren, erklärt Julia, man müsse jedoch damit rechnen, dass die Hunde eine kritische Vorgeschichte haben. Zu bedenken sei außerdem: “Nicht alle Hunde sind sozialisiert – manche haben noch nie etwas aus dem uns gewohnten Alltag kennengelernt und da muss man gewillt sein, daran zu arbeiten. Möchte man nicht daran arbeiten, tut man keinem einen Gefallen.” Viel Zeit und gezieltes Hundetraining könnten in solchen Fällen helfen.

Was bei vielen Hunden jedoch festzustellen sei: “Ihr Sozialverhalten ist oft sehr gut – sie können sehr gut miteinander kommunizieren und kommen sehr gut mit anderen Hunden klar.”

Julia berichtet von ihren Erfahrungen und wie sie das Verhältnis zwischen Auslandshund und Mensch erleben konnte:

“Ich bin beeindruckt, wie sehr die Hunde den Menschen zugewandt sind, ich habe damit extrem gute Erfahrungen gemacht! Wir hatten neue Hunde aus dem Auslandstierschutz bekommen, aus Rumänien, und nach 2 Wochen sind die schon total freudig und positiv auf einen zugekommen – man hat das Gefühl, dass die einfach dankbar sind, auch wenn das natürlich eine Interpretation von uns Menschen ist. Ich habe noch keinen Hund erlebt, der von Grund auf böse oder aggressiv ist.”
 

Eingewöhnung des Tierschutz-Hundes

Julia erklärt, worauf es in den ersten Tagen mit dem Hund aus dem Tierschutz ankommt:

“Das Wichtigste sind Zeit und Geduld. Man muss den Hunden Zeit zum Ankommen geben. Die ersten 4–6 Wochen sind viele noch sehr zurückhaltend, erst dann merkt man, wie sie wirklich sind: Sie blühen erst richtig auf und sind auf einmal total wild und verspielt.”

Viele Hundebesitzer/-innen würden sich dann wundern, dass sie plötzlich einen ganz anderen Hund hätten: “Man muss sich vorher darüber im Klaren sein, dass die Hunde ihren wahren Charakter erst nach dieser Anfangszeit wirklich zeigen. Das heißt nicht, dass jeder Hund nach dieser Zeit auf einmal ganz anders ist, manche sind von vornherein so, wie sie sind, aber manche eben auch nicht.”
 

Das Familienleben mit dem neuen Mitbewohner

Oft eilt Hunden aus dem Tierschutz der Ruf voraus, dass sie nicht familienfähig seien – Julia sieht das anders: “Viele Tierschutzhunde sind sehr wohl familienfähig und lieben es in einem großen Rudel zu sein.”

Wichtig sei jedoch auch, den Hund niemals mit Kindern oder anderen Tieren allein zu lassen. Zumindest nicht, solange man den Hund nicht genau kennt und verlässlich einschätzen kann, wie er in welcher Situation reagiert.

Julias Tipp: “Schon vor dem Kennenlernen kann man sehen, wie der Hund auf andere reagiert. Möchten Anfänger einen Tierschutz-Hund bei sich aufnehmen oder sind Kinder im Spiel, sollte man immer einen guten Hundetrainer zum Kennenlernen mitnehmen.”

Die Wohnsituation – was ist wichtig?

Hinsichtlich des künftigen Zuhauses raten viele Tierheime zu einem Garten und genügend Platz.

Julias Meinung dazu: “Ich habe hier gemischte Ansichten: Man braucht natürlich ausreichend Platz in der Wohnung, aber drinnen sollte der Hund ohnehin ruhen und auslasten kann man ihn dann draußen in der Umgebung – ob mit eigenem Garten oder ohne. So nimmt man den Hunden möglicherweise die Chance auf gute Hundebesitzer/-innen.”

Wichtig sei zudem frühzeitig abzuklären, ob ein Hund beim Mietverhältnis erlaubt sei, weil man sonst Probleme bekommen könne.
 

Die Ernährung – was darf man füttern?

In der Regel informiert das Tierheim die künftigen Besitzer/-innen darüber, was der Hund verträgt und was er bisher dort bekommen hat – vor allem auf Allergien ist hier zu achten!

Bei der Versorgung zuhause sollte:

  • die Ernährung schrittweise umgestellt werden und
  • zunächst nur kleine Mengen des neuen Futters zugegeben werden, um zu schauen, wie der Hund das verträgt.
     

Zum Tierschutz-Hund Vertrauen aufbauen

Wie gelingt das?

Eine vertrauensvolle Bindung ist die Basis für ein gelungenes Zusammenleben von Mensch und Tier. Julia hat 7 Tipps, wie es gelingt, Vertrauen zu einem Tierschutz-Hund aufzubauen:

1.    Zeit lassen – der Hund gibt das Tempo vor, in dem ihr euch annähert
2.    Gemeinsame Spaziergänge unternehmen 
3.    Etwas zu Fressen geben 
4.    Gemeinsam spielen und ungeteilte Aufmerksamkeit schenken
5.    Falls er es zulässt, Körpernähe suchen und bieten
6.    Verständnis haben für Unsicherheit, Angst und daraus resultierendes Verhalten
7.    Geduldig sein 

Einen Tierschutz-Hund trainieren

Mit dem Training sollte man erst beginnen, sobald man eine Bindung zum Hund aufgebaut hat. 

Julias Tipps, um einen Tierschutz-Hund zu erziehen:

  • “Man sollte nicht 6 Wochen lang alles durchgehen lassen und dann auf einmal Regeln hart durchsetzen und alles ändern wollen. 
  • Daher sind kleine Trainingseinheiten am Anfang vollkommen ok, aber diese sollten nicht zu intensiv sein und eher Kleinigkeiten betreffen. 
  • Eine Struktur muss von Anfang an da sein, genügend Ruhe für den Hund sollte berücksichtigt werden, insbesondere bei Welpen.
  • Wie jeden anderen Hund auch sollte man den Vierbeiner über positive Bestärkung, Konsequenz und Körpersprache trainieren.
  • Idealerweise gewöhnt man den Vierbeiner an Sicherheitsgeschirr und Leine, denn mögliche Ängste, etwa durch laute Geräusche, können bei den Hunden mehrfach auftreten – und man weiß nie, wann!”
     

Eine seriöse Tierschutz-Hunde-Vermittlung erkennen

Darauf ist zu achten

Wir haben Julia gefragt, ob es bestimmte Kriterien gibt, auf die man achten kann?

Hier ist ihre Checkliste für eine seriöse Tierschutz-Hunde-Vermittlung:

  • Transparenz und Nachweisbarkeit in Bezug auf Arbeitsweisen, Tierschutz-Praktiken, die Herkunft der Tiere und medizinische Versorgung
  • Gesundheitsfürsorge: angemessene gesundheitliche Checks wären, dass die Tiere geimpft, gechipt und auf Krankheiten getestet sind
  • Transparente Gebühren, z. B. zur Entstehung der Schutzgebühr
  • es handelt sich um einen registrierten Verein 
  • Gute Rezensionen bzw. nicht zu viele schlechte Online-Rezensionen
  • Adoptionsverfahren 
  • Nachsorge und Unterstützung
  • mehrmalige Möglichkeit zum Kennenlernen, evtl. mit einem Probetag 
  • Sauberkeit und Hygiene: die Pflegestelle oder das Tierheim sollten gepflegt sein 
  • die Tiere sollten ausreichend Wasser zur Verfügung haben 
  • guter allgemeiner Zustand der Hunde 
     

Einen Tierschutz-Hund wieder abgeben – geht das?

“Der Tierschutz-Hund überfordert mich – was mache ich, wenn ich mit ihm gar nicht zurecht komme?” Wir haben Julia gefragt, welche Möglichkeiten es gibt, wenn der anfängliche Enthusiasmus möglicherweise der Realität mit Hürden weichen muss.

Julia stellt klar: 
“Es gibt für alles eine Lösung – das Abgeben sollte niemals eine sein! Natürlich könnte man den Hund wieder zurückbringen, doch das ist ja nicht der Sinn dahinter. Es kann auch sein, dass das Tierheim inzwischen wieder voll ist und den Hund nicht aufnehmen kann. Wenn man einen Hund vom Züchter hat, gibt man den ja auch nicht einfach wieder zurück. Ich muss halt bedenken, dass ich ein Lebewesen aufnehme und es – egal, von wo es kommt – immer zu Problemen kommen kann. Dafür muss ich die Verantwortung übernehmen und schauen, wie ich das in den Griff bekomme, z. B. mit professioneller Unterstützung.” 

Wichtig zu wissen ist, dass das Tierheim, die Pflegestelle oder die Vermittler oft nur bedingt helfen können. Wenn Schwierigkeiten auftreten, sollte man 

  • erst einmal versuchen, die Ursache zu finden. 
  • Dann kann man zu einem Profi gehen, z. B. zu Hundetrainer/-innen oder Tierärzt/-innen und das analysieren lassen. 
     

Ein Hund aus dem Tierschutz – ja oder nein?

Julias Fazit: “Wenn man gewillt ist, sich mit dem Thema und dem Hund und seinen individuellen Bedürfnissen auseinanderzusetzen, eignet sich ein Tierschutzhund für jedermann!”

Unsere inpetto Expertin

Julia Fuchs hegte schon immer eine Faszination für Hunde und durfte mit 16 endlich ihren ersten Hund aufnehmen. Da ihr Interesse immer weiter wuchs, schlug sie schließlich auch beruflich diesen Weg ein und wurde Hundetrainerin und Hundeverhaltensberaterin. Julia lebt mit ihrer Dogo Argentino-Hündin Jamie in Zürich und begleitet zahlreiche Hundeeltern beim Zusammenleben mit ihren Fellnasen.