Ein passendes Hundegeschirr zu kaufen ist bei weitem nicht so einfach wie ein Halsband. Es gibt fast so viele Formen wie Farben. Die passende Größe zu finden und den korrekten Sitz zu überprüfen, ist oft gar nicht so leicht. Das weiß auch Hundephysiotherapeutin Letizia Langer: „Es kommen oft Kunden/-innen zu mir in die Praxis und bringen gleich zwei oder drei neu gekaufte Geschirre mit, damit wir die zusammen am Hund anprobieren und das Passende auswählen. Viele sind sich unsicher oder wissen gar nicht, worauf sie bei einem Geschirr zu achten haben.“
Wir haben sie in ihrer Praxis besucht und uns die gängigsten Formen aus der Hundegeschirrwelt erklären lassen und dir einige Tipps zusammengestellt, damit du von zu Haus aus das passende Geschirr für deinen Vierbeiner findest.
Es gibt viele verschiedene Arten an Brustgeschirren. Letizia hat uns die wichtigsten vorgestellt und aufgezeigt, welche Besonderheiten die einzelnen Formen haben und wo sie ihre Anwendung finden. So bekommst du einen Überblick und kannst im ersten Schritt für dich festlegen, welche Geschirrart für dich und deinen Hund am besten geeignet ist.
„Das Führgeschirr ist der Klassiker unter den Hundegeschirren. Aufgrund seiner Form wird es auch H-Geschirr genannt. Bei den meisten Herstellern lassen sich nicht nur der Brust- und der Bauchgurt stufenlos in der Länge verstellen, sondern oft auch die Stege am Bauch und am Rücken, die jeweils mit Hilfe von Ringen mit den beiden Schlaufen verbunden sind. Dadurch ist das Geschirr sehr gut geeignet für junge Hunde im Wachstum, da es quasi mitwächst. Das Design ermöglicht dem Hund viel Bewegungsfreiheit, deshalb wird diese Art auch gern bei Diensthunden eingesetzt.“
„Das Y-Geschirr ist sehr ähnlich wie das H-Geschirr. Es fehlen jedoch die Verbindungsringe, weswegen das Design ein Y auf der Hundebrust zeichnet. Dadurch sitzt es insgesamt enger am Körper und erschwert ein Herausschlüpfen. Der Tragekomfort ist aber auch hier sehr angenehm für den Hund, da die Schultern in der Bewegung ohne Einschränkungen frei bleiben. Aufgrund der Form und der Führung der Gurte verteilt sich der Druck bei Leinenspannung gut über den gesamten Hundekörper.
Die meisten Hersteller bieten diese Art Brustgeschirr in vielen verschiedenen Größen an, sodass sowohl Hundehalter/-innen von kleinen als auch von großen Hunden hier fündig werden.“
„Das Anti-Zug-Geschirr ist von der Form und dem Design her aufgebaut wie ein Y-Geschirr. Es hat auf der Brust aber einen zusätzlichen Ring eingearbeitet, an dem sich der Hund anleinen lässt. Dank dieses Brustrings entsteht eine umgekehrte Vorwärtsbewegung, durch die der Hund etwas weniger ziehen kann. Das kann helfen, den Hund besser zu führen. Bei nicht leinenführigen Hunden bietet das für beide Seiten eine Entlastung, denn der Hund kann nicht mehr so massiv nach vorne ziehen. Das ersetzt aber auf keinen Fall das Training der Leinenführigkeit und ist auch nicht zu trainerischen Zwecken gedacht.“
„Das Step-In-Geschirr besteht aus zwei Schlaufen, die wie eine Hose über die Pfoten angezogen und am Rücken miteinander verbunden und geschlossen werden. Diese Art von Geschirr eignet sich vor allem für kleinere Hunderassen und alle Hunde, die nicht gerne etwas über den Kopf gezogen bekommen.
Der Aufbau des Geschirrs ist ähnlich wie ein Y-Geschirr, aber die Art und Weise, es anzuziehen, ist eben anders.“
„Das Sicherheitsgeschirr ist besonders für sehr ängstliche Hunde entwickelt worden. Der Aufbau ist auch hier wie ein Y-Geschirr mit einem zusätzlichen zweiten Bauchgurt, der als Sicherheitsgurt fungiert – so wird das Entweichen des Hundes aus dem Geschirr verhindert.
Seriöse Tierschutz-Organisationen – besonders im Auslandstierschutz – geben Hunde oft nur ab, wenn die zukünftigen Besitzer/-innen zumindest in den ersten Monaten des Ankommens nachweislich diese Art von Geschirr verwenden.“
„Die Zuggeschirre kommen ursprünglich aus dem Bereich der Schlittenhunde. Heute kann man sie sehr vielfältig in diversen Zugsportarten wie Dogscooter, Bikejöring oder Canicross einsetzen.
Das Zuggeschirr ist darauf ausgelegt, dass der Hund stark nach vorne ziehen kann und in der Regel etwas Schweres hinter sich herzieht. Die Form ist deutlich schräger als ein Alltags-Geschirr und besser an die ergonomische Körperform in der Bewegung angepasst. Dadurch können die Hunde relativ angenehm Gewicht ziehen, denn der Druck wird über den ganzen Körper verteilt und nach hinten abgeleitet. Außerdem sind diese Geschirre meist extra stark gepolstert, damit nichts einschneiden kann.“
„Trekkinggeschirre sind für Abenteurer und Wanderungen sehr gut geeignet. Ähnlich wie Sicherheitsgeschirre ist es ein Ganzkörpergeschirr mit einem zweiten Bauchgurt, damit der Hund nicht herausrutschen kann. Es hat noch einen zusätzlichen Griff auf dem Rücken, wodurch der Mensch dem Hund in schwierigen Momenten Sicherheit und Unterstützung geben kann.
In der Regel besteht so ein Geschirr aus atmungsaktivem Material.“
„Das Sattelgeschirr dient dem Tragen von Gepäck, hat rechts und links zwei Satteltaschen und lässt den Vierbeiner dem klassischen Packesel von früher ähneln. Dadurch können Hunde Dinge transportieren, ohne sie ziehen zu müssen. Das bietet sich vor allem auf mehrtägigen Wanderreisen mit Hund an, aber eignet sich auch zum Beispiel als Krafttraining. Die Form ist sehr ergonomisch und die Sattelgeschirre sind sehr stabil. Die meisten Geschirre lassen sich durch viele Verstellmöglichkeiten individuell auf den jeweiligen Hunderücken anpassen.“
“Hier handelt es sich um ein sehr robustes Geschirr, was vor allem bei der Personensuche, mittlerweile aber auch im Zughundebereich, eingesetzt wird. Von der Form her ist das Mantrailing-Geschirr ähnlich wie das Y-Geschirr aufgebaut, es ist aber länger geschnitten, sodass die Leine weiter hinten auf dem Rücken festgemacht wird und der Hund sich bei langer Leine nicht verheddern kann. Die Hunde sind dank der ergonomischen Form des Mantrailing-Geschirrs gut in der Lage, starke Druck- und Zugbewegungen auszuhalten. Gerade bei der Personensuche sind die Tiere oft sehr zackig und in schnellem Tempo unterwegs, wenn sie einer Spur folgen – deshalb kann es da schnell mal zu einem gewissen Zug kommen.
Ein Mantrailing-Geschirr ist in der Regel zusätzlich mit Reflektoren ausgestattet.“
„Das Norwegergeschirr besteht aus einem Brust- und einem Bauchgurt. Der Brustgurt verläuft jedoch anders als bei den meisten anderen Geschirren quer über den Brustkorb des Hundes und liegt auf den Oberarmen des Hundes. Dadurch ist es zwar leicht anzuziehen, weil es nur einmal über den Kopf gezogen und zugeschnallt wird, aber für einen Leinenzieher zum Beispiel überhaupt nicht geeignet. Der Druck vom Leinenzug wirkt sich auf die Schultern und die Halswirbelsäule aus und die Bewegungsfreiheit ist bei einer falschen Passform auch noch eingeschränkt.“
Eine Polsterung am Geschirr ist kein Muss, Letizia würde sie aber empfehlen:
„Eine Polsterung ist immer besser, denn sie verhindert, dass das Geschirr scheuert, punktuell eindrückt oder einschneidet.“
Durch eine Polsterung wird entstehender Druck oder Zug besser verteilt, da es nicht zu punktuellen Druckpunkten kommen kann.
„Die klassischen Materialien, aus denen Hundegeschirre hergestellt werden, sind Nylon, Neopren und Leder.“
„Sicherheit kann ein Geschirr nur dann ermöglichen, wenn es vernünftig sitzt. Ansonsten ist die Gefahr, dass der Hund ausbrechen kann, deutlich höher.“
Du kannst darüber hinaus individuell nach deinen Bedürfnissen entscheiden, ob du in punkto Sicherheit an der einen oder anderen Stelle weiteren Bedarf hast: „Wenn man mit dem Hund viel in der Dunkelheit unterwegs ist, kann ein Geschirr mit Reflektoren nicht schaden. Wer seinen Hund immer mal wieder im Geschirr unterstützen muss, wie zum Beispiel auf Wanderungen, könnte ein Geschirr mit zusätzlichem Haltegriff aussuchen.“
Letizia, welches Geschirr empfiehlst du für …
„Für große Hunde sollte jede/-r Hundebesitzer/-in im Bereich der Y-Geschirre fündig werden. Dort gibt es eine große Auswahl und eine gute Passform kann aufgrund der Verstellmöglichkeiten meistens auch immer gewährleistet werden.“
„Bei kleinen Hunden empfiehlt sich oft das Step-In-Geschirr, da kleine Hunde diese oft besser tolerieren als die Geschirre, die man ihnen über den Kopf ziehen muss. In dieser Art Geschirr sitzen kleine Hunde in der Regel sehr gut und kompakt.“
„Welpen können anfangs aufgrund ihrer Größe auch gut mit einem Step-In-Geschirr starten. Von vielen Herstellern gibt es sogenannte Welpen- oder Puppy-Geschirre, die in diese Richtung gehen. Später ist das Führgeschirr oder auch ein Y-Geschirr aufgrund der vielen Verstellmöglichkeiten der perfekte Begleiter für einen heranwachsenden Hund.“
„Angsthunden und Hunden, die generell sehr schreckhaft oder geräuschempfindlich sind, zieht man am besten ein Sicherheitsgeschirr an. Das gilt auch für Hunde aus dem Tierschutz, da man nicht weiß, was diese Tiere erlebt und eventuell an Traumata haben und noch nicht einschätzen kann, wie sie auf bestimmte Situationen reagieren werden.“
„Im Auto kann man gut und gern auf ein Y-Geschirr zurückgreifen. Es sollte aber auf jeden Fall gut gepolstert und aus stabilem Material sein.“
„Es kommt darauf an, welcher Sport praktiziert wird. Die Geschirre sollten auf jeden Fall immer leicht und für den Hund gut zu tragen sein.
Beim Joggen würde ich auf ein Zuggeschirr zurückgreifen, da der Hund in der Regel vorweg läuft und über dieses Geschirr am besten den Zug über den Hundekörper verteilen kann.
Wer mit seinem Hund klassisch Rad fährt, könnte das mit einem Y-Geschirr machen, denn vom Prinzip her läuft der Hund neben dem Fahrrad. Wer das allerdings als richtige Sportart betreibt, wie zum Beispiel Bikejöring, sollte ein Zuggeschirr nutzen.
Beim Wandern eignen sich die Y-Geschirre mit einem zusätzlichen Griff, damit man dem Hund im Bedarfsfall entsprechend Sicherheit und Unterstützung geben kann.“
Wenn du weißt, welche Art von Geschirr du für deinen Hund brauchst, ist die allgemeine Arbeit getan. Jetzt wird es individuell.
Bei inpetto findest du eine große Auswahl an Geschirren in vielen verschiedenen Größen. Um die richtige Größe für deinen Hund zu finden, solltest du ihn mit einem Maßband an den passenden Messpunkten ausmessen.
Letizia weiß, wie es geht und zeigt dir in einem kurzen Video, wie du deinen Hund Schritt für Schritt ausmessen kannst: „Es gibt drei Messwerte, die man an seinem Hund ermitteln kann. Das ist einmal der Halsumfang, der Bauchumfang und die Rückenlänge von ca. der Höhe des Halsbandes bis zum mittleren Rücken.“
Letizia Langer ist seit vielen Jahren selbstständig als Hundephysiotherapeutin mit ihrer eigenen Praxis Reha Pfoten. Regelmäßig hat sie Kunden/-innen in ihrer Praxis, die neu gekaufte Hundegeschirre mitbringen und Letizia bitten, den Sitz zu beurteilen und das richtige zu finden. Daher ist sie eine kompetente Beraterin für das richtige Hundegeschirr.